Interview Janneke Schopman
"Als DANAS-Spielerin hast du eine Verantwortung jede Woche zu zeigen, dass du eine DANAS-Spielerin bist."
04. December 2025
Kurz nach ihrem einjährigen DHB-Jubiläum sprach DANAS-Bundestrainerin Janneke Schopman am Rande des letzten DANAS-Lehrgangs in Mannheim im Interview über das vergangene Jahr, die "Winning Culture" bei den DANAS und den Start der Pro League.
DHB: Janneke Schopman, vor fast genau vor einem Jahr hast du dein Amt beim DHB angetreten, wie sieht dein Fazit bis hierhin aus?
Gut eigentlich. Für mich war es eine große Ehre, als die Anfrage für diesen Job kam. Ich habe zunächst auch etwas gebraucht, um mich zurechtzufinden, weil es eine andere Herausforderung ist als bei meinen Stationen in Indien und den USA. Deswegen habe ich die ersten sechs Monate erstmal genutzt, um mehr zu beobachten.
Direkt nach meinem Amtsantritt im Dezember ging die Pro League los und ich muss sagen, in der Retrospektive habe ich anfangs vielleicht nicht so gecoacht wie ich kann. Der Bundesligastart im März/April hat mir dann sehr gutgetan, um die Clubs zu besuchen und zu sehen wie das System funktioniert, also wie die Spielerinnen unter der Woche studieren, aber gleichzeitig trainieren und am Wochenende spielen. Dadurch habe ich eine Idee bekommen und dann haben wir, ich mit dem Staff, einen Plan erstellt wie wir die Mädels für den Sommer bestmöglich vorbereiten und das hat in meinen Augen auch sehr gut funktioniert. Wir haben sehr hart trainiert und auch viel gearbeitet. Das war bestimmt anstrengend, aber wir wollten einen Grundstein für die EM legen. Im Nachhinein kann man sicher sagen für eine Heim-EM mit einer jungen Truppe war das ein großer Erfolg, aber ich will immer gewinnen und deswegen war ich am Ende auch ein bisschen enttäuscht.
Wie hast du deutsches Hockey in den Jahren vorher von außen wahrgenommen und was hat sich bewahrheitet, was nicht?
Ich versuche eigentlich immer, keine Erwartungen zu haben. Ich habe einiges gehört und früher auch einige Male gegen Deutschland gespielt. Zudem habe ich dieses Jahr die EHL beobachtet, auch um zu sehen, wo wir mit den deutschen Clubs dastehen und gegen niederländische oder belgische Gegner abschneiden. Am Ende ist die Bundesliga aber eigentlich unsere Plattform und diese Plattform müssen die Spielerinnen nutzen, um sich zu verbessern und sich zu entwickeln. Als DANAS-Spielerin hast du eine Verantwortung jede Woche zu zeigen, dass du eine DANAS-Spielerin bist. Ich habe die letzten Wochen fast alle Bundesliga-Teams spielen sehen und ich konnte eine Entwicklung beobachten. Noch nicht immer, aber das wird schon besser. Ich habe einige sehr gute Spiele gesehen mit sehr gutem Tempo. Da müssen wir hinkommen.
Jetzt sind schon einige Monate vergangenen seit der EM, welche Emotionen sind für dich geblieben von diesem Turnier?
Wir haben im Rahmen unseres letzten Lehrgangs in Mannheim, zusammen mit unserem Sportpsychologen, auch darüber gesprochen, was wir aus diesem Turnier gelernt haben und was wir von diesen Erfahrungen mitnehmen. Das war sehr interessant, weil ich denke, dass uns jedes Spiel etwas gebracht hat, und das haben die Mädels auch so sehr gut zusammengefasst. Die Mädels haben schon direkt nach der EM herausgestellt, dass wir richtig gut als Team funktioniert und als eine Einheit gespielt haben. Das war den Spielerinnen wichtig und es macht mich als Trainerin sehr stolz zu sehen, wie wir alle zusammen anpacken. Ich finde Hockey ist ein Teamsport, für den wir alle brauchen, und ich denke Deutschland braucht, wie alle gesehen haben, alle und nicht nur ein oder zwei Spielerinnen.
Einer meiner zwei Lieblingsmomente dieser EM war für mich zu sehen, wie emotional du warst kurz nach Abpfiff des Halbfinals und man richtig sehen konnte, wie du mitgefiebert hast mit diesem jungen Team und wie viel dir das auch bedeutet. War das vergangene Jahr für dich auch eine besondere Reise mit einer Mannschaft, die du zu Vize-Europameistern geformt hast?
In meiner Erinnerung war es ein sehr besonderes Finale. Ich habe selbst viele Finals gespielt, aber nicht so viele in Deutschland oder den Niederlanden, und wenn du dann zuhause in Mönchengladbach spielst und eigentlich fünfzig Prozent für die Niederlande sind und fünfzig Prozent für Deutschland, macht das einfach eine Wahnsinnsatmosphäre. Ich erinnere mich noch wie im dritten Viertel das ganze Stadion „Deutschland, Deutschland“ gerufen hat und da denke ich mir, das tut weh jetzt, dass wir nicht gewonnen haben und eigentlich auch sehr nahe dran waren, aber das wird für immer eine coole Erinnerung bleiben. Ich will immer gewinnen und manche sagen „Eine Silbermedaille ist doch okay“, ich sage „Das ist sogar sehr gut“, aber wir hätten auch gewinnen können und wenn du so nah dran bist bei einem Gegner wie den Niederlanden, musst du sie eigentlich schlagen. Für mich bleibt daher noch etwas von dieser Enttäuschung. Die müssen wir auch nicht die ganze Zeit im Hinterkopf haben, aber klar denke ich, es wäre schön gewesen.
Wie viel der Weltklasse-Spielerin Janneke Schopman steckt eigentlich noch in der Trainerin Janneke Schopman? Und wie denkst du können die Mädels von deinen Erfahrungen profitieren?
Ich glaube die Sache, die sich vielleicht am meisten überträgt, ist, dass ich, genauso als Spielerin wie auch als Trainerin, immer nur gewinnen möchte. Ob im Training oder im Spiel war egal, ich wollte immer gewinnen. Das Feedback habe ich immer auch bekommen in meiner Trainerkarriere und dadurch hat sich auch eine „Winning Culture“ bei den Stationen, bei denen ich trainiert habe, entwickelt. In meiner Antrittsrede habe ich den Mädels gesagt, dass es für mich ein Traum ist Trainer zu sein von einem Land, das in meinen Augen zu den Top-5 der Welt im Hockey gehört und Top 1 sein kann in der Zukunft. Diese Herausforderung ist das, was meinen Job so schön macht.
Coachst du außerdem Spielerinnen, die auf deiner Position gespielt haben, noch spezifischer?
Im Training coache ich schon das Spiel gegen den Ball etwas mehr und Dome (Dominic Giskes) und Fisch (Fischer) coachen mehr den Ballbesitz. Was ich gerne mache, ist in den Individual-Videoanalysen den Spielerinnen zunächst die Frage zu stellen, was sie bei den Szenen sehen und ihnen dann meine Sicht zu spiegeln. Manchmal sprechen mich dabei die Verteidigerinnen auch häufiger an und wollen mit mir darüber reden, was wir brauchen, um besser zu verteidigen, und da habe ich eine starke Meinung dazu, ja.
Wie viel warst und bist du mit diesem jungen Team auch als Mentalcoach gefordert?
Weiß ich gar nicht. Ich finde die Mädels sind nicht nur Spielerinnen, sondern vor allem Menschen. Es ist immer wichtig die Fragen herauszustellen „Wie kann ich ich selbst sein?“, „Wie kann ich besser werden?“ und „Kenne ich mich selbst gut?“ Mein Job als Coach ist auch zu hinterfragen, „Wie gut willst du sein? Ist es okay einfach eine DANAS-Spielerin zu sein oder willst du mehr? Und wie erreichen wir das? Wie kann ich dir helfen und in welchen Bereichen?“. Am Ende finde ich es sehr schwierig, in Deutschland Nationalspielerin zu sein und die Entscheidungen für die angesprochenen Fragen fälle nicht ich, ich will nur helfen und versuchen es den Mädels einfacher zu machen. Dafür bin ich manchmal ein Spiegel, manchmal ein Arm um die Schulter. Vielleicht bin ich manchmal auch der Spiegel, der sagt, dass Dinge nicht funktionieren, aber das ist auch okay. Ich versuche mit den Spielerinnen immer eine Lösung zu finden und diese mentale Unterstützung zu sein, indem ich ihnen sage: „Es gibt nicht nur diesen einen Weg, es gibt sehr viele Weg und was ist der richtige Weg für dich?“, denn der kann für jede Spielerin anders sein.
In der letzten Ausgabe der Pro League, wie du immer wieder auch betont hast, ging es ganz klar vorrangig um die Entwicklung eines Teams, was sich noch finden muss. Was sind die Ziele für die kommende Ausgabe der Pro League? Und wie gehst du damit um, dass sich die Erwartungshaltung an euch von außen durch die Entwicklung und den Vize-Europameistertitel auch geändert hat?
Das Team ist wieder anders als bei der EM und wir haben sechs bis acht Spielerinnen nicht dabei, die die EM noch gespielt haben. Es ist vielleicht eine Herausforderung natürlich, aber ich will auch nicht erst nach unten und dann wieder nach oben. Gegen die U21 waren die Tests ganz okay. Meine Meinung ist: wir fahren zur Pro League und wollen jedes Spiel gewinnen. Wir werden mal sehen, wie sich das dann herausstellt. Die Niederlande haben auch Spielerinnen bei der U21 und Verletzte. Wir wissen einfach, wenn wir keine guten Leistungen bringen, verlieren wir, aber wenn wir gute Leistungen bringen, schauen wir mal, was geht. Natürlich ist Argentinien auch Nr. 2 der Weltrangliste, deswegen ist es wieder mal nicht einfach, so in die Pro League zu starten. Wir spielen auch sehr spät, aber das sind alles diese Ausreden. Wir müssen spielen, um zu gewinnen. Wenn wir unsere Leistung bringen, dann denke ich auch, dass wir erfolgreich sein können.
Du hast der wU21 beim Training zugeschaut, einige von ihnen sind auch schon fester Bestandteil der DANAS. Was traust du dem Team von Jakob (Cyrus) zu bei der WM in Chile?
Die letzten Tage war ich echt beeindruckt, auch wie sie gegen uns gespielt haben. Sie haben hart gearbeitet und ich habe dem Staff um Jakob gesagt, dass ich ihnen viel wünsche und hoffe, dass das Potenzial, was sie ohne Frage haben, dann in Chile auch auf dem Platz zu sehen sein wird. Den U21-Spielerinnen habe ich gesagt, dass sie Gas geben und Spaß haben sollen. Ich erinnere mich noch wie beeindruckend das war, als ich mit der U21 zur WM gefahren bin, und diese Erfahrung hat man normalerweise nur einmal im Leben.
Wir bedanken uns bei der Bundestrainerin für das Interview und wünschen viel Erfolg in Argentinien!