Ausbildung von Schiedsrichtern und Trainern macht dank der Unterstützung durch die "Aktion Mensch" Fortschritte / Nachhaltige Zusammenarbeit mit Verbänden

Specialhockey: Entwicklungsprojekte schlagen Wurzeln

15. February 2024

Neben den beiden Turnierhighlights 2023, Special Olympics World Games und EuroHockey ID Championships (die DHZ berichtete in den Ausgaben 22 und 28), hat sich Specialhockey auch im Bildungs- und Netzwerkbereich des Deutschen Hockey Bundes entwickelt. Das geförderte Entwicklungsprojekt durch die „Aktion Mensch“ Mensch“ schlägt Wurzeln und soll sich auch nachhaltig im DHB verankern. Zu den Projekten gehört die Ausbildung von Schiedsrichtern, ein Lehrgang für angehende Trainer*innen und die erweiterte Kooperation mit Special Olympics. Nachstehend ein Übrblick zu allen drei Themen.

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Unified Schiedsrichter Programm

Bereits Mitte 2022 gab es erste Gespräche zwischen der Beauftragten für Specialhockey und Inklusion Linda van Overmeire und Ingo Keßner vom Westdeutschen Hockey-Verband. Ingo hatte ein Spiel der Specials gesehen und war seitdem angefixt von der Idee, auch den Schiedsrichterbereich im Specialhockey zu bewegen. Die Idee ließ ihn nicht los. Eine erste Etappe war Ingo Keßners Teilnahme als Schiedsrichter bei den EuroHockey ID Championships 2022 in Amsterdam. Begeistert berichtete er seinen WHV Schiedsrichter-Kollegen von den Erlebnissen mit den Specials und konnte vier von ihnen für die Special-Olympics-NRW-Landesspiele 2022 in Bonn begeistern. Erstmals war Hockey Teil dieser Veranstaltung. So nahmen die vier WHV-Vertreter als Schiedsrichter daran teil, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, was auf sie zukommt. Die Schiedsrichter wagten den Sprung ins vermeintlich eiskalte Wasser, das sich dann als recht warm entpuppte und sie alle völlig begeisterte. Linda van Overmeire, damals gerade hauptamtlich beim DHB für Specialhockey zuständig (gefördert von der Aktion Mensch), nutzte die Gelegenheit und konnte alle vier für eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung einer Schiedsrichter Ausbildung für Specialhockey gewinnen. 

Über das Jahr wurde durch die AG das „Unified Schiedsrichter Programm“ konzipiert - eine inklusive Ausbildung, die sich sowohl an Specialhockeyspieler richtet als auch an reguläre Schiedsrichter. Die gemeinsame Ausbildung findet online und in Präsenz statt. Dabei steht besonders das Miteinander und Voneinander Lernen im Fokus sowie die direkten praktischen Erfahrungen. Geknüpft an zwei Turniere im Frühjahr und Herbst wurden insgesamt 19 Schiedsrichter ausgebildet. 

„Dass die Entwicklung des Schiedsrichter-Bereichs im Specialhockey solche eine positive Entwicklung nimmt, ist dem unglaublichen Engagement der WHV-Schiedsrichter zu verdanken, allen voran Christoph Adler und Ingo Keßner, sowie der Arbeitsgruppe mit Dirk von Jeetze, Bastian Hetzel und Hartmut Otto und dem engagierten Einsatz der Specials Marius Ohlendorf, Thorsten Steinmetz und Jan Kleinatland. Die Schiedsrichter hat die Liebezum Specialhockey gepackt, und sie sind mit vollem Herzblut dabei. Besser hätte die Entwicklung nicht verlaufen können. Es zeigt sich hier, wie immens wichtig der ehrenamtliche Einsatz ist und welche Bedeutung engagierte Menschen für ein Projekt ist“, freut sich Linda van Overmeire. Die Unified Schiedsrichter waren während ihrer Ausbildung bei den beiden Specialhockey-Feldturnieren im Einsatz, zusätzlich gewannen sie Erfahrungen bei Testspielen des Team Germany bei ihren Lehrgängen gegen Vereinsteams aus Troisdorf, Bonn und Köln sowie beim Walter-Mayer-Gedächtnisturnier in Mönchengladbach. 

Die in diesem Jahr erreichten Erfolge zu verstetigen und auszubauen, ist Ziel und Wunsch von Christoph Adler als Beauftragter für das Schiedsrichterwesen im Specialhockey. Die Grundlagen sind gelegt, positive Entwicklungen bei allen Beteiligten von Turnier zu Turnier sichtbar, der Sport Specialhockey insgesamt in 2023 erfolgreich. Neben den punktuellen Einsätzen bei den Specialhockeyturnieren (zwei Feld-und zwei Hallenturniere jeweils im Frühjahr und Herbst) besteht der Wunsch, bei Jugendturnieren im Unified-Schiedsrichter-Team Erfahrungen zu sammeln, um auch hier neue Eindrücke zu gewinnen und die Idee der Inklusion gemeinsam auch an anderen Stellen zu leben.

Coach Special Ausbildung – Mach Dich startklar für Dein Inklusionsprojekt

Zweites Projekt innerhalb des geförderten „Aktion Mensch“-Programms ist die Entwicklung einer „Coach Special“-Ausbildung. Auch hier bildete sich unter der Projektleiterin Linda van Overmeire eine AG mit ehrenamtlich engagierten Trainern. Ziel war die Konzipierung einer Trainerausbildung, spezifisch angepasst auf die Bedürfnisse der Specialhockey-Zielgruppe, Menschen mit geistiger Behinderung. Um den Teilnehmenden eine umfassende Wissensvermittlung zu ermöglichen, basiert das Konzept auf Online-Seminaren und Lerneinheiten, die online selbstständig absolviert werden. 

Wichtigster Baustein der Ausbildung ist ein Präsenz-Wochenende, an dem das Vermitteln und Erlangen von praktischen Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Die Ausbildung umfasst insgesamt 40 Lerneinheiten, die sich über einen gesamten Zeitraum von rund sechs Wochen erstrecken. Die zweite Durchführung der „Coach Special“-Ausbildung findet im Frühjahr 2024 statt (nähere Infos dazu auf akademie.hockey.de) Die Teilnahme ist durch die Förderung von „Aktion Mensch“ kostenfrei und findet inklusiv statt. Das Projekt besticht ebenfalls durch das von- und miteinander Lernen von Menschen mit und ohne Behinderung.

„Der Special Hockey Lehrgang war eine wunderbare Gelegenheit, die Begeisterung für den Hockeysport zu teilen und zu lernen, wie wir sie mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen teilen können und ihnen die Möglichkeit geben, in einer inklusiven Umgebung die Freude am Hockey, der Gemeinschaft im Sport und der Entwicklung der eigenen Ziele zu erleben. Immer wieder auf den Blickwinkel der Zielgruppe durch die Teilnahme von Specials aufmerksam gemacht zu werden, ist das Besondere der Ausbildung und macht sie dadurch nochmals interessanter. Ich kann jedem an Specialhockey Interessiertem nur empfehlen, die Ausbildung zu absolvieren“, so die Teilnehmerin Christina Rötzheim.

Am ersten Lehrgang im Oktober haben 22 Personen teilgenommen. „Wir waren überwältigt von der Teilnehmerzahl und dem großen Interesse der Teilnehmenden. Viele kamen bereits mit der Entschlossenheit, ein Specialhockey-Projekt zu starten, und möchten den Lehrgang nutzen, um sich ein Basiswissen über Specialhockey aufzubauen. Die Inhalte des Lehrgangs umfassen nicht nur trainingsspezifische Informationen, es wird auch ein breites Wissen rund um die Themen Specialhockey vermittelt, wie beispielsweise die Lebensumwelten von Menschen mit Behinderung oder wie die Trainingsorganisation auf die Auswirkungen der Einschränkungen eingegangen werden kann“, sagt Projektleiterin Linda van Overmeire.

Von Dachverband zu Dachverband

Ziel des Projektes ist es auch, mit Special Olympics näher zusammen zu arbeiten und die Landesverbände über Specialhockey zu informieren und zu aktivieren. Aufgrund der räumlichen Ansiedlung der älteren Specialhockey-Teams besteht bereits seit langem ein guter Kontakt zu SO NRW, so kam es auch in 2022 dazu, dass Hockey erstmals Teil der Special Olympics NRW Landesspiele war. Die Vorbereitungen dafür starteten knapp ein Jahr zuvor. Besonders im Zuge der Weltspiele entwickelte sich eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Organisation Special Olympics Deutschland (SOD). „Wir bei Special Olympics Deutschland freuen uns sehr, gemeinschaftlich mit dem DHB die Etablierung des Hockeysports für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung voranzutreiben. Durch die Bündelung der Ressourcen beider Verbände und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit können wir eine sehr positive Entwicklung gestalten, die wir in den kommenden Jahren stetig ausbauen werden“, betont Bernhard Schütze von SOD. 

SOD und DHB verfolgen den gemeinsamen Wunsch der Weiterentwicklung von Hockey für Menschen mit Behinderung und eine damit einhergehende Vertiefung der gemeinschaftlichen Kooperation. So wird zu Beginn 2024 eine gemeinschaftliche Arbeitsgruppe Specialhockey gegründet. In den letzten Jahren haben sich aus dem Trainer- und Betreuerteam bereits Entwicklungen ergeben, durch die sich Personen um bestimmte Organisationsbereiche kümmern. Mit einer AG wird dem Ganzen ein Rahmen gegeben, der Struktur und noch klarere Zielsetzungen ermöglicht. Ziel ist, auch eine Zusammenarbeit der SOD-Landesverbände und Hockey-Landesverbände zu initiieren.

Das erste Tandem, welches die Aufgabe der Landeskoordinatoren für Specialhockey im Hockey-Landesverband und im Landesverband von SOD übernimmt, hat sich im WHV gebildet: Sonja Ricken (Specialhockey Team ETB Essen) und Franzi Mlodzian (1. Specialhockey Team Köln, BW Köln). „Die Besetzung der Funktion in einem Tandem sehen wir als sehr wertvoll an, so kann man gemeinsam im Team aktiv werden und ist nicht ganz allein verantwortlich“, sagt Linda van Overmeire. Die Landesverbände in Hamburg und Hessen sind auch aktiv, unter anderem bot SO Hessen am 23.Januar einen „Runden Tisch Specialhockey“ an, um die Vereine in Hessen über Hockeysport für Menschen mit geistiger Behinderung zu informieren und Unterstützung anzubieten.

Für 2024 sind weitere Ausbildungsangebote für Schiedsrichter und Trainer geplant sowie der Ausbau der Angebote mit Hilfe der Landesverbände. Es wird in dem Jahr aber auch nötig sein, die Folgefinanzierungen zu sichern, um die guten Entwicklungen und Angebote fortführen zu können.

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