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Fotocredits: WorldSportPics/Frank Uijlenbroek

Nationalmannschaft

„Ich glaube, dass der Zeitpunkt nach der gewonnenen Weltmeisterschaft gut passt." - Moritz Trompertz beendet seine Karriere

29. March 2023

Olympiadritter 2016, Deutscher Meister 2013//2015//2016//20/21/ 2022 und natürlich der Weltmeistertitel 2023 in Indien. Nun beendet Moritz Trompertz seine Nationalmannschaftskarriere und hängt den Schläger nach der Bundesliga-Rückrunde 22/23 komplett an den Nagel. Im Interview spricht er über seine großartige Karriere und die Gründe für seinen Rücktritt.

Gleich die schwierigste Frage zum Start: Du bist erst 27… Wieso kommt jetzt dein Karriereende?
Das ist tatsächlich die schwierigste Frage. Zum Glück kommt sie ganz am Anfang. Es ist nicht so einfach, das in einem Interview zu erklären. Dafür bräuchte ich ein paar Stunden. Am Ende war es eine sehr, sehr schwere Entscheidung, über die ich lange nachgedacht habe und die mir nicht leicht gefallen ist. Ich bin aber zu der Überzeugung gekommen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt in meiner Karriere gekommen ist. In meinem Jurastudium steht das zweite Staatsexamen mit dem Referendariat an und das wäre in Kombination mit Hockey kaum möglich gewesen. Wenn ich weiter Hockey spielen würde, könnte ich das erst nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris machen. Nach langem Überlegen war es mir aber wichtig, das jetzt zu tun, um nach dem Staatsexamen noch ein paar Dinge erleben zu können, die ich mir immer vorgenommen habe, für die ich aber wegen Hockey eigentlich keine Zeit hatte. Zum Beispiel noch mal ein Jahr ins Ausland zu gehen. Um mir diese Möglichkeit zu geben, habe ich die Entscheidung getroffen und glaube, dass der Zeitpunkt nach der gewonnenen Weltmeisterschaft gut passt.

Videocredits: DHB
Fotocredits: WorldSportPics

Natürlich wirst du dem Hockey verbunden bleiben? Wie machst du das? Wirst du in einer zweiten oder dritten Mannschaft spielen? Oder wirst du Ultra bei Rot-Weiss Köln oder sogar Uhlenhorst Mülheim?
Ich war immer Ultra bei Rot-Weiss Köln und werde es auch bleiben. Das wird sich auch nicht ändern, wenn ich aufhöre. Der Verein ist mir nicht nur ans Herz gewachsen, sondern sitzt da schon seit Jahren ganz tief drin. Die Jungs, mit denen ich spiele, sind sehr, sehr gute Freunde von mir und werden immer sehr, sehr gute Freunde von mir bleiben und deswegen werde ich natürlich auch mit der Mannschaft verbunden bleiben. Außerdem werde ich dieses Mal auf jeden Fall auch abtrainieren, um meiner Gesundheit und meiner Mutter einen Gefallen zu tun. Die Jungs werden mich also auch nicht direkt los, weil ich erstmal noch zum Athletiktraining komme. Der Sport macht mir grundsätzlich Spaß und deshalb kann ich mir auch vorstellen, wenn es die Zeit zulässt, bei den zweiten Herren aufzuschlagen. Dass ich komplett verschwinde oder meiner Mannschaft ganz den Rücken kehren werde, das wird auf keinen Fall passieren.

Hätte es etwas gegeben, das dich überzeugt hätte, nicht aufzuhören?
Mhh [...] Mehr Zeit! Es ist ja schon das eine oder andere gesagt worden nach meiner Ankündigung, meine Karriere zu beenden. Ich habe auch gelesen, was Martin Schultze gesagt hat. Dass es wünschenswert ist, die Spieler grundsätzlich länger im System zu halten. Das ist ein Ansatz, den ich sehr gut und richtig finde. Das muss auch das Ziel sein. Ich bin aber vielleicht nicht das beste Beispiel, weil ich nicht glaube, dass es etwas gegeben hätte, das mich zu einer anderen Entscheidung gebracht hätte. Die Argumente dafür und dagegen lagen alle auf dem Tisch. Am Ende war es eine Bauchentscheidung. Die Entscheidung fühlt sich schließlich so richtig an, weil ich lange darüber nachgedacht habe… Hockey, der DHB und die Mannschaft haben mir ja schon die besten Gründe  gegeben, länger dabei zu bleiben. Es war unglaublich viel und sehr schön. Unabhängig von externen Faktoren bin ich aber trotzdem zufrieden mit meiner Entscheidung und das ist für mich aktuell die Hauptsache.

Videocredits: DHB

Schaust du wehmütig auf den Sommer? EM-Titel im eigenen Stadion wäre doch auch ein schöner Abschluss gewesen.
Auch wenn ich sage, dass sich die Entscheidung für mich richtig anfühlt, bin ich mir natürlich bewusst, dass ich etwas aufgebe, wofür andere viel geben würden. Deshalb ist die Entscheidung natürlich auch mit Wehmut verbunden. Die EM wird ein Mega-Turnier und ich freue mich sehr, dass es dem DHB gelungen ist, wieder eine Europameisterschaft nach Deutschland zu holen. Das wird mit Sicherheit ein bombastisches Erlebnis für die Jungs und Mädels. Die Wehmut kommt aber weniger wegen der Erfolge, die ich verpassen werde, sondern weil ich eine Mannschaft verlasse, die mir viel bedeutet hat und mit der ich eng zusammengewachsen bin. Mit ihnen nicht mehr zusammen sein zu können, Turniere zu spielen und Spaß zu haben, macht mich am meisten wehmütig.

Fotocredits: WorldSportPics/Frank Uijlenbroek

Lass uns ein bisschen auf deine Karriere zurückblicken. Ich weiß es ist nahezu unmöglich… aber du darfst dir einen Moment deiner Karriere aussuchen und nochmal erleben. Welchen wählst du und warum?
Noch eine sehr schwierige Frage. Ich muss ehrlich sagen, was diese Momente angeht, in denen man denkt, mehr Adrenalin, mehr Kick geht nicht, die habe ich in meiner Karriere  sehr oft gehabt. Wenn ich an die Olympischen Spiele 2016 denke, wo wir im Viertelfinale gegen Neuseeland gewonnen haben: Das war schon Wahnsinn. Auch wenn man das nicht vergleichen sollte, war das WM-Halbfinale gegen Australien, als Niklas Wellen sieben Sekunden vor Schluss das 4:3 gemacht hat, wahrscheinlich dieser eine Moment. Das ist im Nachhinein immer schwer zu beschreiben, weil man in diesen Situationen in eine Art Ohnmacht fällt. Rückblickend war das wahrscheinlich der Moment der ganzen WM und wenn mir jemand die Möglichkeit schenken würde, diesen Moment nochmal zu erleben, würde ich das mit Sicherheit noch ein- oder zweimal tun.

Videocredits: DHB

Was hat dich in deiner Karriere am meisten überrascht? Wo warst du vielleicht auch mal blauäugig, sodass du kommende Nationalspieler*innen darauf hinweisen kannst?
Da gibt es durchaus etwas. Ein Teil der Mannschaft, die jetzt Weltmeister geworden ist, ist ja Teil der Generation, die 2013 auch U21-Weltmeister geworden ist. Ich sage mal grob die Jahrgänge 1992 bis 1996/97. Wir alle waren vielleicht lange Zeit etwas naiv in dem Glauben, dass wir an die Erfolge unserer Vorgänger-Generationen anknüpfen können, nur weil Deutschland immer den Ruf hatte, eine Turniermannschaft zu sein und wir einfach das gewinnen, was unser Talent hergibt. Wir haben damals nicht in dem Bewusstsein trainiert, gelebt und gespielt, dass wir in jeder Hinsicht unser absolutes Maximum investieren müssen, um an diese Erfolge anzuknüpfen. Vielleicht mussten wir sogar auch ein Stück mehr machen als die deutschen Mannschaften vor uns, weil wir in einer sich zunehmend professionalisierenden und breiteren Weltspitze noch mehr gefordert wurden. In meinen Augen haben wir die ein oder andere Chance verstreichen lassen, weil uns dieses Bewusstsein gefehlt hat. Das hat mich geärgert und war nach meiner ersten Pause einer der Gründe, warum ich zurückgekommen bin. Ich wusste, dass wir als Team zu talentiert und gut sind, um nicht gemeinsam Titel zu gewinnen. Das würde ich den jüngeren Generationen mit auf den Weg geben. Erfolg kommt nie, weil er immer da gewesen ist oder das Talent vermeintlich so groß ist, dass er sich zwangsläufig irgendwann einstellt. Man muss das eigene Maximum investieren, um sich überhaupt die Chance zu geben, große Titel zu gewinnen.

Wem hast du, außer dir selbst, viel deiner Hockeykarriere zu verdanken?
Es sind nicht nur ein, zwei, drei oder vier Menschen. Es sind zu viele, um sie alle aufzuzählen. Ich bin ein Hockeyspieler, der sehr davon lebt, mit  guten Hockeyspielern zusammen zu spielen. Ich konnte immer dann einigermaßen gut spielen, wenn die Leute um mich herum es zuließen und mich in Szene gesetzt haben. Deshalb habe ich jeden einzelnen Erfolg, den ich in meiner Karriere gefeiert habe, in erster Linie meinen Mitspielern zu verdanken. Die Menschen, von denen ich sehr viel gelernt habe, sind zum einen André Henning, der mich seit ca. 13 Jahren, mit kurzen Unterbrechungen, trainiert hat und von dem ich auf dem Hockeyplatz mehr oder weniger alles gelernt habe, was ich kann. Auch abseits des Hockeyplatzes war er immer ein guter Ratgeber. Ich habe großes Glück, dass er mir immer vertraut und mich eingebunden hat, weil ich ihn für den besten Trainer der Welt halte. Er war und ist mit Sicherheit die wichtigste Einzelperson in meiner Hockeykarriere. Wer auch definitiv dazu gehört, ist Valentin Altenburg, der 2016 in Rio unser Trainer war und mich auch bei der U21 kurz trainiert hat. Auch von ihm habe ich viel gelernt und bin sehr froh darüber, dass wir noch heute in Kontakt stehen. Er hat mir eine Menge Selbstvertrauen gegeben und mir immer gesagt, dass ich viel erreichen kann, wenn ich es nur will. 

Wo wünschst du dir für alle kommenden Hockeynationalspieler*innen Verbesserung?
Was ich mir wünschen würde, ist, dass es den Generationen, die nach uns kommen, gelingt, noch mehr Wertschätzung für das zu erfahren, was sie leisten und investieren. Ich hatte in der Vergangenheit manchmal das Gefühl, dass nicht wirklich wahrgenommen wird, dass Hockey viel professioneller geworden ist, Deutschland aber ein gutes Stück hinterherläuft. Das wird jetzt zwar mit Lichtgeschwindigkeit besser, weil die richtigen Leute in den richtigen Positionen sind. Insbesondere Martin Schultze, Niclas Thiel und die Bundestrainer sind für den DHB, insbesondere in der Kombination, mit Sicherheit allesamt Gold wert. Man sollte meines Erachtens nach trotzdem nicht verkennen, dass, sei es in den Niederlanden, Belgien, Australien oder England, die Strukturen aktuell deutlich professioneller sind als in Deutschland. Die Danas und Honamas versuchen also auf einem Niveau mitzuhalten, dass die externen Faktoren im Vergleich zur Weltspitze eigentlich nicht hergeben. Unabhängig davon, dass wir selber natürlich immer nur mit dem maximalen Erfolg zufrieden sind, ist das ein Punkt, den man auch in Zukunft nicht ganz aus den Augen verlieren sollte. Ich bin aber sehr froh, dass der DHB alles daran setzt, diesen Rückstand aufzuholen und freue mich für alle, die von der guten Arbeit profitieren und uns deutschen Hockeyfans unter den neu geschaffenen Voraussetzungen viele schöne Momente bescheren werden.

Fotocredits: WorldSportPics/Frank Uijlenbroek

Danke Moritz Trompertz für deine Zeit bei der Deutschen Hockey-Nationalmannschaft!! Die letzten Worte gehören Dir.
Ich möchte nur noch einmal das wiederholen, was ich ohnehin schon zur Mannschaft gesagt habe und möchte es auf alle erweitern, die mit dem Hockey verbunden sind: Vielen Dank für die unglaubliche Unterstützung, die ganz Hockey-Deutschland uns auf dem Weg zur WM gewesen ist. Ich bin sehr froh, dass ich diese Euphorie einmal als aktiver Teil der Mannschaft erleben durfte und werde mich bemühen, in den kommenden Jahren als Fan eine ebenso gute Unterstützung zu sein, wie ihr alle es während der WM gewesen seid.

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