Olympische Spiele
Mein ganz persönlicher Olympia-Moment: Carsten Fischer
03. May 2024
Emotionen, Triumphe und unvergessliche Momente – bei den Olympischen Spiele kommen Aktive aus der ganzen Welt zusammen, um die Werte des Sport zu feiern und ihr Bestes geben. In unserer Reportage-Reihe erzählen ehemalige Nationalspielerinnen und -spieler ihre Geschichten. Jede von ihnen beinhaltet einen ganz persönlichen Olympia-Moment, der geprägt war von jahrelanger harter Arbeit, vielen Widerständen und dem Glauben an sich selbst.
Der 62-Jährige ist einer der erfolgreichsten deutschen Hockey-Spieler. Bekannt wurde er aber auch durch sein Wirken außerhalb des Platzes.
Carsten Fischer trägt einen weißen Kittel, seine Brille hat einen schmalen schwarzen Rahmen. Er ist Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Elisabeth-Krankenhaus im nordrhein-westfälischen Dorsten. Fischer hat Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf studiert und promovierte an der Universität Hamburg: „Ich habe meine Doktorarbeit erst nach dem Ende meiner sportlichen Karriere geschrieben, dies hatte ich meinem Vater vor seinem viel zu frühen Tod versprochen", berichtet er. Sein beruflicher Werdegang ist feinsäuberlich bei LinkedIn aufgelistet. Doch das Profilfoto offenbart, was der Mediziner außerdem ist: eine der größten Ikonen im deutschen Hockeysport. Es zeigt Fischer stolz lächelnd im weißen DHB-Trainingsanzug mit der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona.
„Bei Olympia dabei zu sein, ist das Ziel von jedem Nationalspieler. Dann sogar noch die Geldmedaille zu gewinnen, ist das Allergrößte“, sagt der heute 62-Jährige. Das weiße DHB-Trikot trug Fischer sehr lange. Mit 259 Länderspielen war er zeitweise Rekordnationalspieler. Von 1984 bis 1996 nahm der gebürtige Mühlheimer vier Mal an Olympischen Spielen teil. „Für mich ist die Anzahl an Nominierungen nicht von großer Bedeutung. Das Erlebnis ist das Entscheidende“, sagt er. „Ich hatte auch das Glück, verletzungsfrei zu sein.“
Und dennoch ist seine von Titeln geprägte Laufbahn – er wurde unter anderem acht Mal in Folge Europacupsieger der Landesmeister mit dem HTC Uhlenhorst Mülheim – alles andere als selbstverständlich. Fischer ließ sich trotz schwerer Diabetes, wodurch er auch seine Haare verlor, nicht vom Spitzensport abbringen. Seine Aufklärungsarbeit mit der Krankheit machte ihn zu einem der bekanntesten Diabetiker Deutschlands.
Auch dank Spielern wie Carsten Fischer gelten deutsche Hockeyprofis als nahbare Sportstars. „Das Interesse bei Olympia ist natürlich groß, weil die deutschen Teams gute Medaillenchancen haben. Die Spielerinnen und Spieler strahlen aber auch eine sehr hohe Sympathie aus“, erklärt er. „Das sind Profis, die mit Herz und Liebe zum Sport spielen und nicht des Geldes wegen.“
Damit verkörpern die Hockey-Spielerinnen und -Spieler vor allem die Olympischen Werte von Höchstleistung, Freundschaft, Respekt und Zusammenhalt. All das kommt auch in Fischers persönlichen Olympia-Moment zur Geltung. „Abgesehen von der Siegerehrung mit der Goldmedaille erinnere ich gerne an die Eröffnungs- und Abschlussfeiern“, sagt er. „Man teilt Momente mit Top-Sportlern aus der ganzen Welt, das kann man sich gar nicht vorstellen. Gabriela Sabatini oder Carl Lewis sitzen mit dir in der Mensa. Das sind Momente, die man nie vergisst.“ Und weiter: „Es ist einfach faszinierend, Teil des Ganzen zu sein. Mit fremden Sportlern zu sprechen, war immer eine tolle Erfahrung.“
Sein sportliches Highlight ist eine Schlüsselszene aus dem Halbfinale 1992 gegen Pakistan, als die Gegner beim Spielstand von 2:1 eine Strafrecke hatten. „Unser Torwart Michael Knauth war ein Fuchs. Wenige Sekunden vor dem Schuss sagte er zu mir: ,Hör mal, ich lauf raus’, und ich sagte: ,Bist du dir sicher?’ Er meinte: ,Ja, bin ich mir’“, beschreibt Fischer. „Als er die Kugel dann um den Pfosten lenkte, dachte ich nur: Was für eine geile Truppe! Da weiß jeder genau, was er kann.“
Den Hockeysport erachtet er heutzutage als deutlich schneller: „Das Spiel ist mittlerweile wahnsinnig intensiv. Das ist schon faszinierend zu beobachten.“ Bei Olympia in Paris traut Fischer den deutschen Teams den Halbfinaleinzug zu. „Ab dann entscheidet immer die Tagesform und der Teamspirit“, sagt er. Und das Beste: Carsten Fischer hat zu der Zeit Urlaub. „Die Vorfreude ist mit Sicherheit da. Ich hätte auch Lust, hinzufahren!“, sagt er lachend. „Das muss ich mir mal noch genauer überlegen.“
