Ein guter Monat ist vergangen seit dem Weltmeistertitel. Was ist seitdem passiert und hast du es mittlerweile realisiert?

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich glaube nicht, dass ich das zu 100 Prozent realisiert habe. Der letzte Monat war dazu da, einfach mal abzuschalten und etwas Abstand vom Hockey zu gewinnen. Die WM-Vorbereitung und die WM selbst waren sehr umfangreich und nach dem Turnier war die Ansage und auch die logische Konsequenz, dass man sich eine Auszeit nimmt. Das ist mir auch gut gelungen, denke ich.

Was heißt das konkret? Was hast du den letzten Monat über gemacht?

Ich habe mich auf mein Studium konzentriert. Nebenbei habe ich mich natürlich fit gehalten und auch zweimal mit dem Hockeyschläger trainiert. Aber im Großen und Ganzen kann man eigentlich sagen, dass ich den Hockeyschläger erst einmal zur Seite gelegt habe.

Nach so vielen Emotionen bei der Hockey-Weltmeisterschaft und einem denkbar knappen Finale… Fällt man da nicht erstmal in ein emotionales Loch?

Klar fällt man nach so einem Turnier erst einmal in ein kleines Loch. So ein Turnier macht unheimlich viel Spaß. Gerade in einem Land wie Indien, wo Hockey gelebt wird und wir gegen Ende des Turniers nochmal einen Hype erlebt haben, ist es nochmal extremer. Wenn man dann nach Hause kommt und denkt, jetzt ist es vorbei und man muss sich eigentlich schon wieder auf die Heim-EM vorbereiten, dann ist das, glaube ich, ganz normal. Wichtig ist, dass man die Vorfreude auf das nächste Turnier aufbauen kann, das ja schon im August auf uns wartet. Das ist mir gut gelungen und ich bin schon wieder aus meinem kleinen Loch heraus.

Dann richten wir unseren Blick auf die EM. Brennst du schon auf den nächsten Titel? Weltmeister und Europameister in einem Jahr?

Natürlich brenne ich für die EM. Über einen möglichen Titel mache ich mir noch keine Gedanken. Jetzt schon über den Titel zu reden, macht wenig Sinn. Wir sind alle in diesem Team, um Titel zu gewinnen und das ist uns auch bewusst. Die Frage ist, wie wir dieses Projekt angehen. Der Prozess beginnt jetzt in der Pro League.

Was ist es für ein Gefühl, jetzt schon wieder nach Indien zu reisen?  

Ja, das ist schon verrückt. Ich war vor der WM noch nie in Indien und jetzt bin ich innerhalb kürzester Zeit zweimal dort. Wie gesagt, Hockey spielen macht dort sehr viel Spaß, die Leute sind hockeyverrückt und der Spirit ist ganz anders als in Deutschland. Etwas schwieriger ist es mit der Hygiene und dem Essen, da müssen wir als verwöhnte Europäer schon ein bisschen aufpassen. Aber grundsätzlich gibt es natürlich Schlimmeres, als bei 30 Grad in der Sonne Hockey zu spielen.

Was für Gegner erwartest du in Indien? Vor allem unter dem Aspekt, dass Indien sein heimisches Publikum mit einem 9. Platz enttäuscht hat und ihr Australien denkbar knapp aus dem Turnier geworfen habt?
 

Beide Mannschaften werden gegen uns extrem motiviert sein. In Indien gab es nach dem frühen Ausscheiden des Teams einen ziemlichen Shitstorm. Deshalb wird das indische Team in der Pro League auf jeden Fall Dinge wieder gut machen wollen. Auch Australien wird heiß sein, sie haben noch eine Rechnung mit uns offen. Ich erwarte also hochmotivierte Gegner und bin gespannt auf die Spiele.

Was ist dein persönliches Ziel für die anstehende Indienreise? Wie möchtest du im Flieger zurück nach Deutschland sitzen?

Das Wichtigste für mich ist, dass ich das Gefühl habe, dass wir nicht bei Null angefangen haben. Dass wir die Motivation und die Basis, die wir vor und während der WM aufgebaut haben, weiter ausbauen können. Dann möchte ich natürlich in jedem Spiel drei Punkte holen. Im Vergleich zur WM und EM ist die FIH Pro League natürlich nicht so wichtig, aber ich will trotzdem gewinnen. Also: 12 Punkte, gute Fortschritte im Team und ein guter Start in die EM-Vorbereitung ist das, was ich mir von dieser Reise erwarte.