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Interview Janneke Schopman

"Ich wähle nie den einfachen Weg"

09. April 2025

Seit Ende 2024 ist Janneke Schopman Bundestrainerin der deutschen Hockey-Damen. Im Interview spricht die frühere Weltklassespielerin über ihre Motivation für den Job bei den Danas, den Neuanfang mit jungen Talenten und ihre Vision für das Team.

Janneke, wo erwischen wir dich gerade? 

Janneke Schopman: Ich bin zu Hause in den USA. Nach einem sehr hektischen Start habe ich nun endlich das Gefühl, dass ich in meiner neuen Rolle ein wenig Kontrolle habe. Ich bin froh, nicht mehr aus dem Koffer leben zu müssen und mich mehr auf langfristige Planung konzentrieren zu können. Insgesamt geht es mir ziemlich gut.

Welches Hockeyspiel hast du zuletzt live gesehen?

Janneke Schopman: Ehrlich gesagt schaue ich zu Hause gar nicht so viel Live-Hockey. Aber um deine Frage zu beantworten: Das letzte Live-Spiel, das ich gesehen habe, war unser letztes Pro-League-Spiel in Indien.

Apropos Indien – du kennst das Land ziemlich gut. Hockey genießt dort enorme Popularität, und die Nationalmannschaft hat es sogar mal aufs Cover der Vogue geschafft. Was müsste passieren, damit du und dein deutsches Team auf dem Titelbild der Vogue landen?

Janneke Schopman: Ich glaube, am Ende geht es darum, die Leidenschaft zu zeigen, die wir als Team für den Sport haben. Wenn das sichtbar wird – sei es über soziale Medien oder andere Wege – denke ich, können wir neue Höhen erreichen. Ich hoffe, dass wir damit junge Mädchen inspirieren und mehr Menschen dazu bringen, Hockey zu schauen, zu verfolgen und selbst zu spielen. Hockey ist nicht nur ein toller Sport zum Zuschauen, sondern auch zum Mitmachen. Vorbilder können dabei eine große Rolle spielen. Die Spielerinnen haben unglaubliche Geschichten – über ihr Studium, ihre Arbeit und persönliche Herausforderungen. Wenn diese Geschichten bekannt werden, glaube ich, dass sich auch die Menschen in Deutschland und darüber hinaus für sie interessieren werden.

Du bist seit Jahresbeginn Bundestrainerin der deutschen Damen. Was ist dein erstes Fazit nach den ersten Monaten – wie schätzt du das Team und die Strukturen ein?

Janneke Schopman: Das ist eine schwierige Frage. Als ich für diese Rolle angefragt wurde, war das eine große Überraschung, aber auch eine große Ehre. Mit Deutschland zu arbeiten, war immer ein Wunsch von mir – es ist eine der Top-Hockeynationen.

Mein erster Eindruck ist: Es gibt sehr viel Potenzial, aber auch viele Herausforderungen. Diese Mischung macht den Job besonders spannend. Die Spielerinnen sind sehr engagiert und wollen sich weiterentwickeln. Die dezentrale Struktur ist für mich neu – ich bin es gewohnt, die Spielerinnen regelmäßig zu sehen. Das ist eine Umstellung, aber ich bewundere ihr Engagement. Wir stehen am Anfang von etwas Neuem, vor allem durch den Rücktritt mehrerer Weltklassespielerinnen. Aber ich sehe sehr viel Talent – nicht nur im aktuellen Kader, sondern auch bei den U21- und U18-Spielerinnen. Es gibt viel zu tun, aber das Potenzial ist groß.

Du wusstest, dass diese Aufgabe andere Herausforderungen mit sich bringt als in Indien oder den Niederlanden. Liegt es in deiner Persönlichkeit, solche Herausforderungen anzunehmen? Wolltest du dich selbst testen?

Janneke Schopman: Das ist interessant – eine meiner Grundwerte ist tatsächlich „Herausforderung“. Ich habe nie den einfachen Weg gewählt. Selbst als Spielerin wurde ich anfangs nicht für die Nationalmannschaft nominiert – mein erstes Länderspiel für die Niederlande habe ich mit 24 gemacht. Ich glaube an ständige Entwicklung und daran, niemals stehen zu bleiben.

Diese Rolle ist eine echte Herausforderung, besonders weil ich nicht fließend Deutsch spreche. Ich verstehe vieles, aber als Perfektionistin zögere ich zu sprechen, weil ich keine Fehler machen will. Aber ich bin fest entschlossen, die Sprache zu lernen. Die letzten Wochen waren sehr turbulent, aber jetzt habe ich das Gefühl, angekommen zu sein. Ich weiß, wie ich die Dinge angehen will, wie ich besser mit den Spielerinnen kommunizieren kann und wie wir stärkere Verbindungen aufbauen können. Auch für das Team ist es etwas Neues, eine niederländische und weibliche Trainerin zu haben – aber wir wachsen gemeinsam hinein.

In der Hockeywelt kennt man dich als eine der erfolgreichsten niederländischen Spielerinnen und als erfolgreiche Trainerin. Aber wie würdest du deinen Coaching-Stil beschreiben – für alle, die dich noch nicht kennen?

Janneke Schopman: Ich will gewinnen – das war schon als Kind so, als Spielerin und jetzt als Trainerin. Aber ich glaube auch daran, als Team zu gewinnen.

Ich lege großen Wert auf Teamarbeit und gegenseitige Unterstützung. Man kann ohne einander nicht erfolgreich sein. Gleichzeitig fordere ich die Spielerinnen heraus, sich weiterzuentwickeln und sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Wer bist du? Wie kannst du wachsen? Ich bin da, um zu helfen, zu unterstützen – aber auch, um sie zu fordern.

Ich sage oft: Hochleistungssport ist eine Metapher fürs Leben. Man lernt, mit Herausforderungen umzugehen, verletzlich zu sein, aus Niederlagen zu lernen – und am Ende Erfolg zu haben. Als Trainerin sehe ich meine Aufgabe darin, die Spielerinnen auf diesem Weg zu begleiten.

Mit Blick auf kommende Highlights wie die Pro League oder die Heim-EM – was sind deine Ziele? Geht es nur um Ergebnisse oder mehr um Teamentwicklung?

Janneke Schopman: Wir spielen, um zu gewinnen. Das ist immer das Ziel. Ob wir es erreichen, ist eine andere Frage – aber wir legen jetzt die Grundlage dafür.

Unsere Ergebnisse in Indien waren nicht so gut, wie wir es uns gewünscht hätten, aber das Team entwickelt sich noch und lernt sich kennen. Auch in der Pro League wollen wir gewinnen, selbst gegen starke Gegner. Das Gleiche gilt für die EM – ein Heimturnier ist etwas Besonderes. Gold zu holen ist aktuell vielleicht nicht das realistischste Ziel, vor allem wegen der Dominanz der Niederländerinnen, aber an einem guten Tag können wir jedes Team schlagen.

Wir befinden uns im Umbruch. Viele Top-Spielerinnen sind zurückgetreten, und junge Talente rücken nach. Die Konstanz fehlt noch, aber wir arbeiten daran, ein Team zu formen, das in den kommenden Jahren dauerhaft um die Spitzenplätze mitspielen kann.

Wie entwickelt sich die Hierarchie im Team? Legst du darauf besonderen Wert?

Janneke Schopman: Hierarchie und Rollenklärung sind wichtig. Einige erfahrene Spielerinnen haben eine Pause vom Nationalteam eingelegt, daher habe ich noch nicht mit allen gearbeitet. Aber auch in einem jungen Team haben wir auf unseren letzten Reisen natürliche Führungsfiguren gesehen.

Wir führen aktuell viele Einzelgespräche mit den Spielerinnen über ihre Rollen. Führung kann man nicht einfach zuweisen – sie muss sich entwickeln. In den kommenden Monaten wird sich die Struktur weiter herausbilden.

Bist du zufrieden mit den Nachwuchstalenten im deutschen System?

Janneke Schopman: Ja, absolut. Einige U21-Spielerinnen sind bereits im A-Kader, was für ihre Qualität spricht. Wenn ich mir die U21- und U18-Teams anschaue, sehe ich viel Potenzial. Einige Spielerinnen, die nach der U21-Phase nicht mehr dabei waren, sind jetzt zurück im Danas-Kader – sie bringen viel Energie mit. Sie brauchen noch Erfahrung, aber ich bin gespannt, wie sie sich entwickeln.

Was hat sich deiner Meinung nach im Hockey am meisten verändert – taktisch und mental?

Janneke Schopman: Das Frauen-Hockey hat sich enorm weiterentwickelt. Das technische Niveau ist gestiegen, das Spiel ist deutlich schneller geworden. Die Spielerinnen sind technisch versierter, und auch taktisch wird viel mehr verlangt.

Mental gesehen haben die heutigen Spielerinnen Zugang zu viel mehr Informationen. Als ich gespielt habe, war unsere Welt kleiner – heute sind junge Athletinnen mit endlosen Möglichkeiten und Ablenkungen konfrontiert. Es ist schwieriger, sich zu fokussieren, aber sie haben auch mehr eigene Meinungen und stellen Fragen. Als Trainerin kann man nicht einfach sagen: „Mach das, weil ich es sage.“ Man muss erklären und ins Gespräch gehen. Zum Glück war ich selbst so ein „Warum“-Typ – deshalb gefällt mir diese Entwicklung.

Zum Schluss: Wo steht Deutschland aktuell im internationalen Vergleich mit Teams wie den Niederlanden oder Belgien?

Janneke Schopman: Wir befinden uns im Umbruch. Uns fehlt die Erfahrung im Vergleich zu Teams wie den Niederlanden, wo Spielerinnen teils über 200 Länderspiele haben. Aber wir können die Top-Teams fordern.

Aktuell sind wir konkurrenzfähig, aber noch nicht konstant. An guten Tagen können wir die besten Teams schlagen, aber an schwächeren Tagen auch gegen schwächere Gegner verlieren – wegen der Unerfahrenheit. Unser Ziel ist es, ein Team zu formen, das dauerhaft auf Topniveau spielt.

Das Interview führte Klaus Bellstedt

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