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Olympische Spiele Paris 2024

Sonja Schwede und Christian Deckenbrock sind als Technical Officials in Paris im Einsatz

03. August 2024

Nicht nur unsere Hockey-Damen und -Herren sind derzeit in Paris im Einsatz. Sonja Schwede (Mitte rechts) und Christian Deckenbrock (links) sind zwei unserer deutschen Offiziellen vor Ort und als Technical Officials im Einsatz. Wir haben mit ihnen über die Sommerspiele und die Aufgaben eines Technical Officials gesprochen.

In unserem Interview stellen sich Christian Deckenbrock und Sonja Schwede vor und erzählen, wie sie zu Technical Officials im Hockey wurden. Sie teilen ihre einzigartigen Erfahrungen - von den Anfängen bei nationalen Wettkämpfen bis hin zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Paris. Als Technical Officials sorgen sie dafür, dass die Spiele ordnungsgemäß und reibungslos durchgeführt werden; hierzu zählt die Kontrolle von Auswechslungen und Zeitstrafen, die Überwachung der Mannschaftsbänke, die Zeitnahme und das Ausfüllen der Spielberichtsbögen

Was macht eigentlich ein Technical Official?
Sonja Schwede: Als Technical Official allgemein gibt es verschiedene Aufgaben. Der Technical Delegate ist für den reibungslosen Ablauf für das gesamte Turnier zuständig, Hauptansprechpartner für alle, FIH, TV, Teams, LOC (Local Organizers), Offiziellen, Umpire Manager etc. Kernaufgabe ist die Einhaltung der Regularien inkl. mögliche Sanktionen auszusprechen. Dann gibt es den sog. TO, der für einen reibungslosen Ablauf des Spiels sorgt. Er kümmert sich unter anderem um die Einhaltung der Pausen- und Strafzeiten und die Auswechslungen. Außerdem muss er etwa dafür sorgen, dass es auf den Mannschaftsbänken fair zugeht und die Trainer sich benehmen. Dann gibt es zwei weitere Positionen während des Spiels, den sog. Scoring Judge, der die Dokumentation in der Software eingibt, wer eingewechselt wird, wer die Tore wann schießt (Feld, Ecke, 7m) und wer Karten bekommt. Der andere am Technical Table ist der Timing Judge, der, wie der Name vermuten lässt, die Zeit nimmt. Das hat sich im Laufe der Jahre ja immer mehr entwickelt und Spiele wie in Rio unserer Herren Nationalmannschaft gegen Neuseeland zeigen, wie wichtig die Zeitnahme ist, da können Sekunden entscheiden.
Wir haben zwei Technische Delegierte, die sich um alles Weitere kümmern und uns auch mit weiteren Aufgaben betreuen. Vor dem Turnierstart checken wir natürlich erst mal das Equipment aller Teams (Schläger, Ecken-Equipment, Trikots – also Farben, Größe, Maße von Nummer, Name, Werbung – nicht in Paris, TW-Sachen, Pässe). Da teilen sich alle Technical Officials dann auf bzw. werden einer Aufgabe zugewiesen. Außerdem checken wir noch die Spielstätte und machen diverse Briefings, um uns mit allem vertraut zu machen.

Wie wird man Technical Official bei den Olympischen Spielen? 
Christian Deckenbrock: Ich war von 2000 bis letztes Jahr Bundesligaschiedsrichter (mit insgesamt 528 Einsätzen). Im Jahr 2005 wurde ich vor der Heim-EM in Leipzig von der damaligen Vorstandsvorsitzenden Uschi Schmitz gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, als so genannter Local Judge mitzuhelfen. Ich sagte zu, ohne genau zu wissen, was auf mich zukommen würde. Auch hatte ich damals eigentlich auf eine internationale Schiedsrichterkarriere spekuliert. Aber es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mich für diese Laufbahn entschieden habe. Und Uschi hat ebenso wie Carola Morgenstern-Meyer mich ermutigt, diesen Schritt zu gehen. Ich hatte aber auch das Glück, gleich zu Beginn meiner Karriere bei großen Turnieren eingesetzt zu werden - 2006 war ich bei der WM in Mönchengladbach erneut als Local Judge im Einsatz und 2007 wurde ich zwei Tage vor Beginn der Hallen-WM in Wien gefragt, ob ich als Offizieller einspringen könnte. Ich war noch relativ jung und in Deutschland gab es damals kaum Konkurrenz. So kam eins zum anderen. Und vielleicht habe ich mich auch nicht so blöd angestellt, wobei mein beruflicher Hintergrund (Jurist) und meine Erfahrung als Schiedsrichter auch nicht geschadet haben. Aber auch als Offizieller ist es alles andere als selbstverständlich, es bis zu den Olympischen Spielen zu schaffen. 
Sonja Schwede: Wir hatten 2008 einen Europacup bei Rot Weiss Köln und ich war als Volunteer für den Fahrdienst eingeplant. Dann kam Carola Morgenstern-Meyer und sagte, sie bräuchten einen Local Judge . Ich konnte mir nicht viel darunter vorstellen, aber ich war offen für den Job. So verbrachte ich die Zeit mit den internationalen Offiziellen, wurde super aufgenommen und fand die Aufgabe sehr spannend. Zumal man Dinge wie Struktur, Genauigkeit etc. braucht bzw. es nicht schadet, wenn man sie hat. Das bringe ich mit. Nach dem Turnier ging es dann darum, ob ich nicht Interesse hätte, das auch international in Europa zu machen, auch hier wieder federführend Carola Morgenstern-Meyer auf der Suche nach etwas jüngeren Offiziellen. Carola hat mich überzeugt und so war ich 2009 direkt auf der Liste des Europäischen Hockeyverbandes, jetzt EuroHockey, und hatte Einsätze in verschiedenen Ländern in Europa und war froh, diese Entscheidung getroffen zu haben und mich ehrenamtlich in meinem Sport zu engagieren.

Seid ihr zum ersten Mal bei Olympischen Spielen? 
Sonja Schwede: Ja, die Olympischen Spiele in Paris sind meine ersten. Ich war schon bei einer Weltmeisterschaft im Feld und ein paar Mal in der Halle, zuletzt in Südafrika als Technical Delegate, aber Olympia ist einfach das Größte, was man sich vorstellen kann, und das geschafft zu haben, macht einen sehr stolz.
Christian Deckenbrock: Nein, ich war schon 2016 in Rio de Janeiro (als Assistant Technical Delegate) und 2021 in Tokio (als Technical Delegate), außerdem war ich 2010 Technical Delegate bei den ersten Olympischen Jugendspielen in Singapur. Und 2012 war ich für ein paar Tage als Zuschauer in London. Jetzt in Paris wieder als Technical Officer dabei zu sein, ist eine große Ehre. Seit meiner Kindheit verfolge ich die Olympischen Spiele mit viel Herzblut. So bin ich während der Spiele 1988 in Seoul  immer nachts um drei aufgestanden und war traurig, wenn ich zwischendurch zur Schule gehen musste. 1992 habe ich dann in den Sommerferien 16 Tage vor dem Fernseher verbracht. Dass ich einmal live dabei sein würde, ist mir damals nicht in den Sinn gekommen.

Was ist das Besondere an dieser Position? 
Sonja Schwede: Dass man nah dran ist am Spielgeschehen und es ohne uns genauso wenig ginge wie ohne die Schiedsrichter, auch wenn nicht jeder weiß, was unsere Aufgaben sind und dass es das Team im Hintergrund gibt. Über die Jahre hat man natürlich den einen oder anderen Trainer, Manager oder Spieler kennengelernt, was die Zusammenarbeit immer erleichtert. Außerdem ist die internationale Zusammenarbeit mit den Offiziellen etwas Schönes, das viele tolle Erinnerungen mit sich bringt und einen verbindet.
Schon als Kind war Olympia ein Traum von mir. Ich bin die Sportbegeisterte in meiner Familie. Ich selbst habe als Kind Judo gemacht, was ja auch eine olympische Sportart ist, und seit meinem 13. Lebensjahr spiele ich Hockey. Als Jugendliche lief Sport im Fernsehen rauf und runter, Fußball - als Dortmunderin gab es den einen oder anderen Erfolg zu feiern - Tennis, Radsport und natürlich Olympia. Ich wollte immer dabei sein, aber als Sportlerin wusste ich, dass das nicht klappen würde. Aber als Funktionärin war es möglich. Wie als Athlet muss man auch als Offizieller erst einmal nominiert werden und ist nicht automatisch dabei, nur weil man im Team ist. Im Laufe der Jahre musste man bei den jeweiligen Turnieren immer wieder zeigen, das man für die Aufgaben geeignet ist was durch Reports bescheinigt wird, die man am Ende eines Turniers erhält,. 2013 war ich das erste Mal für die FIH unterwegs und danach eigentlich regelmäßig für Eurohockey und die FIH im Einsatz.
Christian Deckenbrock: Generell bin ich seit 2005 sehr viel gereist, habe Orte auf der Welt gesehen, in die ich sonst wahrscheinlich nie gereist wäre, und habe viele tolle Menschen kennengelernt. Ich habe an Turnieren teilgenommen, die ich als Aktiver oder auch als Schiedsrichter nie erreicht hätte. Generell ist die Tätigkeit als Offizieller viel mehr als nur Zeit nehmen und Spielberichte ausfüllen. Es ist ein sehr interaktiver Job, nicht nur mit anderen Offiziellen und Schiedsrichtern, sondern auch mit den Mannschaften, vor allem deren Managern, und allen anderen am Spiel Beteiligten.

Habt ihr eine Lieblingsgeschichte rund um die Tätigkeit als Technischer Offizieller?
Christian Deckenbrock: Es gibt eine lustige Geschichte von den Olympischen Jugendspielen in Singapur. Wir waren damals mit ein paar Leuten beim Gewichtheben und wurden auf Plätze direkt neben dem damaligen IOC-Präsidenten Jacques Rogge geführt. Direkt vor uns saß die Grand Jury, die darüber entschied, ob die Versuche gültig waren oder nicht. Als die Mitglieder der Grand Jury merkten, dass wir keine Ahnung vom Gewichtheben hatten, erklärten sie uns jede Entscheidung im Nachhinein - offenbar in der Annahme, wir seien besonders wichtig. 
Sonja Schwede: Ein Europacup der Damen in der Halle  in Europa war wirklich super und hatte am Ende noch ein Highlight zu bieten. Anders als sonst gab es diesmal keinen offiziellen Empfang am ersten Turniertag, was wohl einige Mannschaften dazu veranlasst hat, früher abzureisen. Aber alle noch anwesenden haben zusammen den erfolgreichen Abschluss des Turniers gefeiert und das hat alle wieder vereint. Das war toll und ein schönes Fest. Auch andere Turniere hatten ihre Besonderheiten, als Technischer Delegierter bei der EM in der Corona-Zeit konnte man viel erleben. Aber das Besondere ist, glaube ich, die Verbindung mit den Menschen, wenn man über die Entfernung verbunden bleibt, sich gegenseitig besuchen kann usw. Das ist das Schönste an den Turnieren und all die Erinnerungen machen es besonders.

Was sind die größten Herausforderungen in Paris bei den kommenden Olympischen Spielen? 
Christian Deckenbrock: Wenn nachher niemand über irgendeinen technischen Offiziellen spricht, ist alles gut gelaufen. Es geht einfach darum, den ordnungsgemäßen Ablauf der Spiele sicherzustellen. Man muss letztlich jede Sekunde konzentriert sein und auch in unübersichtlichen oder unerwarteten Situationen wissen, was zu tun ist. Expect the unexpected.
Sonja Schwede: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, die Herausforderung ist, dass man neben den normalen Regularien noch andere Regeln und Aspekte beachten muss. Dann ist es für mich eine besondere Herausforderung, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Man will immer sein Bestes geben, aber man weiß natürlich, dass die Spiele für die Athleten und für einen selbst etwas Besonderes sind. Man hat eine andere Anspannung und Nervosität, das ganze Drumherum wird besonders sein. Das Stadion ist toll und auch der historische Aspekt ist etwas Besonderes. Ich bin gespannt, was mich erwartet, aber es wird ein absolutes Highlight, da bin ich mir sicher.

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