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Fotocredits: Worldsportpics

Hockey-Nationalmannschaft der Herren

Timur Oruz beendet seine Karriere in der deutschen Hockey-Nationalmannschaft

26. February 2024

Timur Oruz beendet seine internationale Karriere. Der 29-Jährige leitet mittlerweile ein aufstrebendes Startup und kann die Doppelbelastung im Olympiajahr nicht mehr bewerkstelligen. Für Rot-Weiss Köln wird der Mittelfeldspieler in der Bundesliga weiter auflaufen. Oruz verzichtet damit auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris in diesem Jahr. Höhepunkte seiner erfolgreichen Karriere waren der Gewinn der Weltmeisterschaft 2023 sowie die Olympische Bronzemedaille in Rio 2016.

Ein ganz Großer verlässt die internationale Hockey-Bühne. Nicht nur aufgrund seiner imposanten Statur hinterließ er Spuren: Weltmeister, Bronze bei Olympia, Europacup-Sieger und mehrfacher Deutscher Meister. Das sind die Erfolge, die Fakten, die beschreiben, was Timur Oruz mit seinen Teams erreicht hat. Doch der 29-Jährige steht für mehr als Titel: Nachdem er als Kind die Diagnose Diabetes Typ 1 bekam, zeigte er es allen und sich selbst. Er ist Botschafter und vermittelt dem Nachwuchs in Vorträgen und Workshop, dass diese Erkrankung kein Nein für Sport bedeuten muss. Mittlerweile lenkt Oruz ein Startup. Die Kombination aus Job und Leistungssport - das ging jetzt nicht mehr. Oruz, der nur 100% und ganz oder gar nicht kennt, hat entschieden, von seinem Sport loszulassen - schweren Herzens.

„Diese Entscheidung war - gerade zu diesem Zeitpunkt - eine der schwersten meines Lebens. Es galt zwar, sich zwischen zwei herausragenden Optionen zu entscheiden, aber das machte den Prozess nicht unbedingt einfacher. Ich hatte seit 2014 die Ehre, für die Honamas zu spielen. Es war klar, dass mir ein Abschied eines Tages unendlich schwerfallen würde. Gleichzeitig hat sich für mich beruflich eine neue Türe geöffnet, durch die ich einfach durchgehen muss. Es hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass es an der Zeit ist, einen neuen Weg einzuschlagen.“

Timur Oruz blickt zurück auf eine große Karriere, die er so nicht erwartet hatte. 2013 wurde er in Indien Junioren-Weltmeister. Mit vielen Mitspielern aus dieser U21 gewann er zehn Jahre später die WM bei den Herren - erneut in Indien. Und auch mit demselben Bundestrainer wie damals: André Henning, den Oruz zu den prägenden Personen in dessen Karriere zählt. Oruz: „Nach dem U21 WM-Titel dachte ich zunächst, dass es das für mich 2013 international gewesen wäre. Dass ich nun auf diese Karriere zurückblicken darf, erfüllt mich mit Stolz. Der Gewinn der Weltmeisterschaft letztes Jahr war die Abrundung und Vergoldung meiner Karriere und dies lag vor allem an meinem Team und Freunden, von denen ich mit den meisten seit meiner Kindheit zusammen oder gegeneinander Hockey spiele.“ 

Gegen viele Erwartungen arbeitete sich Timur Oruz nach oben. Im Winter 2014 gab er sein Debüt im A-Kader bei der Champions Trophy in Indien, welche die Honamas, mit vielen jungen Spielern gewannen. Mit 21 Jahren erlebte der gebürtige Krefelder einen seiner größten sportlichen Momente: Bronze in Rio 2016. Unvergessen dabei das historische Viertelfinale gegen Neuseeland. Gerade hatte das deutsche Team kurz vor Schluss den Ausgleich erzielt und wähnte sich schon im Penalty Shootout. Dann bekam Oruz den Ball in der eigenen Hälfte. Noch sechs Sekunden. Oruz lief los, setzte seinen Körper und seine Schnelligkeit ein. Noch vier Sekunden, drei. Oruz flankte auf Fuchs und der blockte der Ball ins Tor. Zum 3:2 nicht mal eine Sekunde vor Schluss.

Fotocredits: Worldsportpics

Bis zum größten Titel warteten anschließend viele Hindernisse – unter anderem einige schwere Verletzungen. Insgesamt vier Knie-Operationen musste er über sich ergehen lassen. Der gebürtige Krefelder kam immer wieder zurück. 2023 folgte der große Triumph. Das deutsche Team wurde Weltmeister mit einem bärenstarken Oruz im Mittelfeld. Bundestrainer André Henning verabschiedet seinen Schützling, den er über zehn Jahre in verschiedenen Konstellationen coachte, mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Timur ist sicher geprägt durch seine Diabetes-Diagnose. Alle haben ihm gesagt, Leistungssport geht nicht. Und wenn ihm jemand sagt das geht nicht, dann versucht er es erst recht. Timur hat einen unbändigen Willen, kann im positivsten Sinne stur sein und eben auch widerstandsfähig. Er ist Vorbild für ganz viele Kinder mit und ohne Erkrankungen, dass Limits und Grenzen verschoben werden können“, meint Henning. „Als Spieler verlieren wir einen Antreiber, der alles aus sich, seinem Körper und seiner Karriere herausgeholt hat. Ich weiß, dass er bei vielen Gegner gefürchtet war und so wären wir gerne mit ihm noch nach Paris gegangen. Gleichzeitig ist seine berufliche Perspektive natürlich eine einmalige und riesige Chance, die er unbedingt ergreifen soll. Ich freue mich sehr für ihn, dass er seine großartigen Fähigkeiten nun auf anderen Feldern durchsetzen wird.“

Auch wenn Oruz Olympia in Paris verpassen wird, blickt er glücklich zurück: „Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Wegbegleitern bedanken, die mir diese Karriere ermöglicht haben. Auch wenn es viele Täler gab, die wir durchschreiten mussten in den letzten Jahren, möchte ich keinen Tag im Kreise der Honamas missen.“

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