U21-Weltmeister-Trainer Stenzel & Schmitz
"Ein paar Lautsprecher zum Aufwecken sind schon wichtig"
22. December 2025
Mirko Stenzel und Johannes Schmitz haben vor Kurzem den Weltmeistertitel mit der männlichen U21 gewonnen. Im Interview sprechen sie über das Coaching bei Penalties, den Wechsel von DANAS Co-Trainern zu Cheftrainern der männlichen U21 und die Führungsstärke der U21.
Hallo Mirko, hallo Johannes. Wie ich mitbekommen habe, habt ihr für eure Jungs selbst einen Brotback-Workshop belegt, das Brotbacken anschließend euren Jungs beigebracht und diese die Brote dann in Indien selber gemacht. Welchen Anteil an dem WM-Erfolg hat euer Brotbackkurs?
Mirko: Es war sicherlich eher eine der vielen kleineren Bausteine für diesen Erfolg, aber die Jungs waren von Anfang an sehr angetan von der Idee und wir sind Bernd Hemmerle dankbar dafür, dass das zugegebenermaßen auch sehr leckere indische Essen über die lange Dauer von 3 Wochen auch mal durch gutes Brot aus der Heimat ersetzt werden konnte.
Welche Emotionen habt ihr, wenn ihr zurückdenkt? Und ist schon ein bisschen was abgefallen von der Last oder dem Druck des vergangenen Jahres?
Johannes: Sowas wie Druck haben wir zum Beispiel nie gespürt. Jede Maßnahme hat Spaß gemacht, aber klar wussten Mirko und ich, worauf wir hinarbeiten. Wir wussten auch beide, dass dieses Jahr in der Konstellation ein Übergangsjahr sein würde (Anmerkung der Redaktion: Schmitz scheidet nach diesem Kalenderjahr als Co-Trainer der U21 aus und widmet sich wieder seinen Aufgaben im Vereinshockey, als Sportdirektor des Crefelder HTC), aber auch eine Besonderheit mit sich bringt, weil wir beide schon lange zusammenarbeiten und auch richtig gut befreundet sind. Deswegen hat sich jeder Tag in diesem Job beinahe als Geschenk angefühlt und dementsprechend wird vielleicht auch nichts abfallen. Ich bin wahnsinnig stolz auf das, was wir beide gemeinsam mit der Mannschaft und dem Staff erreicht haben. Klar, halten wir den Pokal am Ende in den Händen, aber es gibt so viele Momente, vor allem auf menschlicher Ebene, die ihre eigene ganz besondere Wirkung auf uns hatten. Deswegen bin ich vor allem überglücklich.
Mirko: Mir geht das ganz ähnlich und ich freue mich jetzt gerade auch darauf die unfassbar intensiven und tollen letzten Wochen ebenso wie das gesamte Jahr mit all seinen Momenten über die Weihnachtstage erstmal ein wenig sacken lassen zu können.
Hattet ihr schon ein Debrief? Wenn ihr auf das Jahr zurückschaut, habt ihr vieles richtig gemacht in der Vorbereitung? Und was sind die Learnings? (Insofern ihr euch dafür schon mal zusammengesetzt habt)
MS: So richtig haben wir das noch nicht gemacht, aber wir haben uns schon dafür verabredet im Januar die Analyse inhaltlicher Natur vorzunehmen. Natürlich gab es auch während der WM schon so Einschätzungen, die wir geteilt haben, und es wird auf jeden Fall eine Aufgabe für uns sein die Schlüsse für uns als Trainer, aber auch als U21 auf dem Weg zur bereits im Juli stattfindenden EM zu ziehen. Dazu kommen Entwicklungsthemen und Trends, die eventuell für das Gesamtsystem interessant sein können.
Bei den Fernsehbildern konnte man erkennen, dass du, Mirko, sehr nah bei den Schützen beim Shootout im Finale warst. Wie habt ihr beide diesen Krimi erlebt und was wurde den Schützen vielleicht auch noch in das Ohr geflüstert?
JS: Wir haben unsere Verantwortungen da im Laufe der Vorbereitung für die Shootouts verteilt und Mirko ist da ganz klar der Verantwortliche bei den Shootouts. Er gibt den Jungs da dann noch ein paar taktische oder technische Ratschläge mit den auf den Weg. Es wäre eine Lüge zu sagen, ich hätte den Shootout ganz entspannt erlebt, aber es war schön zu sehen, dass unsere Abläufe sitzen und ich auch trotz der zwei ersten verschossenen Penalties ganz viel Vertrauen gespürt habe.
MS: Ich würde noch ergänzen zum Ablauf, dass wir im Trainerteam tatsächlich auch zum Ende des Spiels hin, wenn wir merken, dass die Möglichkeit auf ein Shootout besteht, uns auch kurz vom Bauchgefühl darauf festlegen wer vielleicht der vierte oder fünfte Schütze, der vorher nicht so klar ist, sein könnte. Gleichzeitig ist unsere einzige Aufgabe vor so einem Shootout Souveränität und Entspanntheit auszustrahlen, da wir eh nicht mehr wahnsinnig viel inhaltlichen Input geben können und sollten, denn die Jungs sind selbstverständlich auch angespannt und dabei, sich auf ihre Abläufe zu konzentrieren.
Es ist mittlerweile schon gar nicht mehr unüblich, dass es beim DHB ein Trainerduo gibt. Könnt ihr dennoch mal beschreiben, wie konkret eure Aufgabenverteilung grundsätzlich aussieht?
JS: Zusammenfassend würde ich nach wie vor sagen, dass wir keine klare Aufgabenverteilung haben. Wir kennen uns mittlerweile auch so gut, dass wir ohne Worte wissen, was gerade benötigt wird. Wir wechseln uns auch bei den Ansprachen ab. Unsere Stärken und Schwächen haben sich auch eher ergänzt, ohne dass wir das groß aussprechen mussten.
MS: Letztendlich war das auch eine der Stärken, die wir hatten und ich weiß auch, dass das nur geht, wenn man sich wahnsinnig gut kennt.
JS: Wir drei, auch mit unserem Co-Trainer (Patrick Fritsche), haben gleichermaßen inhaltlich geführt.
Ihr habt beide bevor ihr die U21 männlich trainiert habt, die DANAS als Co-Trainer von Valentin Altenburg begleitet. Wie ist euch dieser Switch, einmal zwischen den Jahrgängen, aber auch den Geschlechtern, gelungen und mit welchen Herausforderungen hattet ihr dabei eventuell auch zu kämpfen?
JS: Ich habe tatsächlich auch meine ganze Trainerkarriere vor den DANAS Jungs trainiert und mir das ganze lange auch gar nicht vorstellen können zu wechseln. Ich bin im Nachhinein extrem froh darüber, dass ich mich darauf eingelassen habe. Es war eine unheimlich lehrreiche Zeit bei den DANAS und für mich als Trainer unbedingt gewinnbringend beides zu trainieren.
MS: Die Empfehlung würde ich genauso aussprechen. Beides macht extrem viel Spaß und für mich war die Zeit bei den Danas auch unglaublich bereichernd und ich bin sehr dankbar dafür. Natürlich gibt es Unterschiede, aber auf dem Niveau, auf dem wir uns zuletzt bewegen durften, wollen alle das Maximale rausholen und das verbindet, auch wenn die Wege dahin möglicherweise unterschiedlich aussehen.
Für Alec von Schwerin, Christian Franz, Jannik Enaux, Quirin Nahr und Niklas Tecklenburg war die WM das Ende ihrer Laufbahn in den U-Nationalmannschaften. Welchen Anteil an diesem Erfolg hatten die Jungs, die jetzt ihr letztes Jugendspiel bestritten haben?
MS: An der Stelle will ich nochmal betonen, dass zu den Jungs, die auf dem Feld standen, auch die zwei Team Member, sich zurecht auch Weltmeister nennen dürfen und die Jungs, die wir für den 20er-Kader bei der WM nicht berücksichtigen konnten, genauso ihren Anteil an diesem Erfolg haben. Diese Jungs haben nämlich in diesem Prozess maximal viel Energie reingegeben und am Ende auch diesen Titel ermöglicht.
Die fünf Jungs, für die es jetzt ihr letztes Jugend-Länderspiel war, freut es uns wahnsinnig, dass sie sich mit so einem Erfolg verabschieden konnten. Dieser Erfolg ist absolut verdient, weil sie in diesem Jahr alles dafür getan haben, bei der WM dabei zu sein, aber auch den Weltmeistertitel wahrscheinlich zu machen.
Angesprochen auf die Älteren. Wie haben sich bei euch die Hierarchien gebildet?
JS: Nach unserer Übernahme der Mannschaft war uns wichtig, dass wir das Thema Mannschaftsführung ganz gezielt angehen. Es war auch schon Führung und der Führungswille vorhanden, aber uns beiden war wichtig, dass wir das gleichmäßig verteilen. In Pakistan, bei einem Lehrgang, hat dieser Prozess angefangen und sich ein Stück weit durchgezogen. Es war gar nicht immer wichtig, wer der Kapitän ist, sondern wie führt dieser und damit haben wir uns am meisten beschäftigt. Eine Stärke dieses Teams war auch die unterschiedlichen Charaktere innerhalb und dafür war es auch wichtig, dass die paar Lautsprecher dieses sonst eher etwas ruhigere Team aufwecken. Das Thema ist uns denke ich gut gelungen und dem Team zugutegekommen, dass das Thema Führung von uns angepackt wurde.
Ist das eine Herausforderung, dass die Vorbereitung für die EM jetzt kürzer ist?
Es wird auf jeden Fall ein sehr kurzes Jahr, wenn Ende Februar der erste Lehrgang ist und im Juli schon die EM in Valencia stattfindet. Es kommt uns dabei aber sicherlich zugute, dass von dem WM-Kader 15 Spieler dabeibleiben und neben ein paar weiteren Spielern der Jahrgänge 2005 und 2006 auch ein starker 2007er-Jahrgang hochkommt. Das wird ein spannender Neustart und wir werden unser Bestes geben und sind zuversichtlich, wieder eine sehr gute, wettbewerbsfähige Mannschaft bei der EM zu stellen.