U21-Weltmeister Jasper Ditzer im Interview
Weltmeister-Torwart Jasper Ditzer im Interview: "Als Torhüter kann man nur gewinnen"
18. December 2025
Jasper Ditzer ist gerade U21-Weltmeister in Indien geworden und hatte mit seinen Penalty-Saves entscheidenden Anteil an der Titelverteidigung der U21. Für die Hallen-EM in Heidelberg ist er auch nominiert. Im Interview spricht Ditzer über das Shootout-Finale in Chennai, seine Penalty-Routinen und seine Vorfreude auf Heidelberg.
Jasper, wie geht es dir? Konntest du schon irgendwas von den Eindrücken von der WM in Indien verarbeiten?
Es dauert immer ein bisschen das zu realisieren, wenn man größere Titel gewonnen hat. Es kommt jetzt aber alles nach und nach. Wenn ich mal einen Moment hatte, wo ich allein war, habe ich auch gedacht, wie unfassbar das ist, was ich alles erreicht habe (Anmerkung der Redaktion: In 2025 ist Ditzer Weltmeister mit der Hallen-HONAMAS in Porec, Deutscher Hallenhockeymeister mit dem HTHC und jetzt U21-Weltmeister geworden). Vom Finale selbst habe ich noch ein paar Highlights, aber auch nicht viel mehr im Kopf.
In den Postmatch-Interviews hast du betont, dass du während der Shootouts an nichts denkst und einfach deine Routine durchziehst. Wie ist deine Herangehensweise bei den Penalties?
Ja, ich habe mich da sehr viel in der Herangehensweise an die Penalties mit unserem Torwarttrainer (James Lewis) ausgetauscht und wir haben zusammen herausgearbeitet, dass es für den Schützen eigentlich mehr zu verlieren gibt und ich mir über diesen Gedanken versuche den Druck zu nehmen. Als Torhüter muss man sich einfach bewusst machen, dass man nur gewinnen kann und so kann man da auch deutlich sicherer und ruhiger rangehen.
Und wie sieht deine Routine genau aus?
Du entscheidest dich erstmal reaktiv oder aggressiv zu handeln. Bei dem einen gehst du mehr auf das Verhalten des Schützen ein, bei dem anderen steht der Plan quasi schon vor der Ausführung. Ich versuche oft eher aggressiv reinzugehen. Vor dem Shootout gegen Frankreich hatte ich schon beobachten können, dass die Schützen von denen sich häufig eindrehen, darauf habe ich mich eingestellt und schon früh bei der Ausführung mit meinem Schläger gearbeitet. Wenn ich in der Videoanalyse vorher sehe, dass der Schütze häufig weg vom Torwart zieht und z.B. sich den Ball früh auf die argentinische Rückhand legt, agiere ich etwas passiver.
Wie hast du den letzten Penalty im Finale wahrgenommen, denn für viele sah es so aus, als hättest du eigentlich nicht viel gemacht?
Das sah vielleicht so aus, aber ich habe ihn in meiner Wahrnehmung früh von seinem eigentlichen Plan abgehalten. Ich habe mich von Anfang an weiter nach rechts orientiert, weil ich dachte, dass er auf den Abschluss per argentinischer Rückhand oder Rückhandschrubber geht. Dafür habe ich mich bewusst anders positioniert, um ihn aus seiner Routine zu bringen. Das ist auch als Schütze für den Kopf sehr anstrengend diesen Plan nochmal umzuändern. Bei einem Finale ist der Druck dann auch so hoch, da musst du richtig cool sein nochmal was völlig anderes zu versuchen. Ich glaube da sind ihm auch ein bisschen die Nerven versagt, weil wenn er den Ball im Schläger einklemmt und sich über meine linke Seite rausdreht, bin ich geschlagen. Zum Glück verliert er da dann aber die Kontrolle über den Ball.
Was war aus deiner Perspektive der Schlüsselmoment bei dieser WM?
Wir hatten eine schwierige Gruppenphase und mit Irland und Südafrika gar nicht so leichte Gegner, die am Ende in den Top 10 bei der WM abgeschlossen haben. Von den Endplatzierungen her hatten wir somit eigentlich die schwerste Gruppe. Wir sind am Ende mit einem anderen Mindset rausgegangen als wir reingegangen sind und waren auch ein wenig überrascht. Irland und Südafrika konnten die Spiele gegen uns zumindest bis in das dritte Viertel offenhalten und nach dem 7:0 gegen Kanada sind wir auch nicht übermäßig selbstbewusst da rausgegangen.
Am Ende der Schlüsselmoment war das Überstehen des Viertelfinals (gegen Frankreich). Ich denke, dass das für den Kopf auch das schwerste Spiel ist, weil wenn du das Viertelfinale verlierst, spielst du Spiele, die keinen jucken. Da spielst du dann auch vor halbleeren Stadien und der Traum im Hockeyland Indien mal vor einem gefüllten Stadion zu spielen, wäre dann vorbei gewesen. Mit dem Gedanken haben wir auch im Viertelfinale gespielt. Sobald du das Halbfinale erreichst, kannst du wiederum frei aufspielen, denn mit einem Platz 3 hast du gefühlt mehr, was du mit nach Hause nehmen kannst.
Im Übrigen glaube ich auch, dass, dass wir im Finale ins Penalty Shootout gegangen sind, ein Vorteil für uns gegenüber den Spaniern gewesen ist, weil wir im Turnierverlauf schon erlebt hatten, dass wir so ein Shootout auch für uns entscheiden können.
So oder so war es das Spiel gegen Frankreich als Schlüsselmoment, zumal wir in der ersten Halbzeit wirklich Probleme hatten.
Das klingt jetzt fast so, als wenn ihr mit dem Erreichen des Halbfinals schon zufrieden gewesen wärt. Da untertreibst du denke ich aber ein bisschen, denn ich bin mir sicher, dass ihr euch intern mindestens das Finale als Ziel gesetzt hattet.
Das stimmt auch, wir hatten uns intern erstmal ganz klar das Ziel gesetzt in Madurai alle unsere Gruppenspiele zu gewinnen und uns als Gruppenerster für das Viertelfinale zu qualifizieren. Für danach war unser Mindset, dass mit dem Umzug nach Chennai für das Viertelfinale ein ganz anderes Turnier beginnt. Das hat uns auch geholfen, denn wir haben da einen deutlichen Leistungsschritt gemacht und defensiv auch nochmal deutlich sicherer gestanden.
Wir haben schon viel über das Torhüterspiel geredet. Was ist dein Übertrag jetzt in die Halle?
Die Umstellung ist nicht besonders groß und das ist auch ein Grund, warum ich so kurz nach der Feld-WM jetzt bei der Hallen-EM dabei sein darf. Der Eckenablauf ist natürlich ein bisschen anders, aber den kriegt man mit ein paar Trainingseinheiten, die ich jetzt schon hatte, wieder rein. In meinen Augen ist auch ein guter Torhüter auf dem Feld ein eher sehr guter Torhüter in der Halle als andersherum.
Wie sehr freust du dich auf die Hallen-EM und auch auf Heidelberg?
Unfassbar, ich finde es mega, dass das Turnier in Deutschland stattfindet und auch dass das Wochenende schon komplett ausverkauft ist, gibt mir sehr viel Vorfreude. Bei der WM in Kroatien im Februar war die Halle leider häufiger leerer und das wird jetzt auf jeden Fall was ganz anderes. Ich habe richtig Bock auf die EM und wir haben ein cooles Team, die Hälfte kenne ich ja noch von der WM und die Neu-Nominierten sind auch sehr nett. Da haben wir wieder eine super Truppe zusammen und gute Chancen, dass der Pott auch in Deutschland bleibt. Da ich eh Hallenhockey liebe, freue ich mich gewaltig auf die EM.
Jetzt liegt ja zwischen der U21-WM, Hallen-Bundesliga, die du bestimmt auch spielen wirst, und der Hallen-EM noch Weihnachten und Neujahr. Eure beiden Bundestrainer haben schon gemahnt, dass ihr doch bitte den einen oder anderen Weihnachtsbraten weglasst. Wie sieht die weitere Vorbereitung für Heidelberg jetzt für dich aus?
Diese Woche bin ich ganz normal beim Hallentraining vom HTHC, auch wenn ich in dieser Woche mir auch einen Restday für den Körper gönnen werde. Nebenbei bin ich auch noch in der Uni (Jura, 1. Semester an der Universität Hamburg).
Nächste Woche bin ich dann eine Woche im Urlaub und werde da im Hotel-Gym mein Programm durchziehen. Nach Weihnachten hat Rabi (Jan-Philipp Rabente) angeboten, dass wir beim UHC mit der Hallen-HONAMAS trainieren können, und das werde ich dann zur Einstimmung auf Heidelberg, wo wir uns am 5. Januar treffen, wahrnehmen.
Joshua Onyekwue Nnaji hat den Weg von den Hallen-HONAMAS zu den Feld-HONAMAS dieses Jahr vorgezeigt, wie sehen deine Ambitionen für die nächsten Jahre aus?
Natürlich schaue ich auch in weiter Ferne auf den A-Kader, auch weil ich schon mal eingeladen wurde. Dadurch ist das auch „greifbar“, aber trotzdem doch sehr fern und mein Fokus liegt erstmal auf der Bundesliga und der U21-Nationalmannschaft. Ich mach mir da auch kein Druck. Klar, wäre es irgendwann mal schön Olympia zu spielen oder dabei zu sein. Aber vorerst denke ich da noch gar nicht so dran. Bei den HONAMAS sind ja auch alle sehr jung und sehr gut, aber wenn du dir die Torwartposition aussuchst, willst du eh der beste der Welt sein. Dafür will ich tendenziell besser sein als die, die schon da sind.